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27 Aug
27Aug

Wir haben einen reichlich abwechslungsreichen Sommer hinter uns. Zumindest, was das Wetter angeht. Noch im Mai ging es nur für wirklich hartgesottene Zeitgenossen ohne Winterjacke, im Garten Gemüse trotz der kontinuierlichen Regenfälle und er Schneckenplage durchzubringen, glich einem Wunder – und dann gab es im August Tage, da wussten wir nicht, wie wir uns Sahara-Temperaturen wir uns, unsere Kinder, unsere Eltern, unsere Tiere oder eben auch wieder: unser Gemüse durch die Hitze bringen sollten. Und nun kam also nach der Hitzewelle diese verheerende Gewittersturm-Periode: In einigen Landstrichen sah es nach Hagelstürmen wie im verschneiten Winter aus, anderswo wüteten Orkane derart, dass Bäume entwurzelt und Dächer abgedeckt wurden. Wer nur einen voll gelaufenen Keller hatte, kam noch gut davon.
Wenn ich jetzt die typischen Straßenbahngespräche höre, werde ich stets resigniert. „Früher hat´s auch ein Wetter gegeben!“, wird da in schönstem Dialekt getönt, oder „Gestürmt hat es alleweil!“ „Früher hatten wir auch heiße Sommer!“ „Im Winter hat es seit meiner Kindheit nicht mehr wirklich geschneit!“ „Das Wetter ist halt nicht beständig!“ „Diese Klimakleber sind ja lachhaft!“ „Die sollte man wegsperren!“ etc. Es sind die gängigen, wenig oder gar nicht reflektierten, aber oft repetierten Standardaussagen tumber Mitmenschen, die sich hinter Boulevard-Aussagen verstecken. Es scheint keine Möglichkeit zu geben, diese Ignoranz zu durchdringen.
Natürlich gab es auch „früher“ schon extreme Wetterereignisse. Aber auch so gehäuft, auch so verheerend? Waren Überschwemmungen, Hitzesommer, Hagel- und Sturmschäden auch bereits Folgen des Klimawandels oder vereinzelte Wetter-“Ausrutscher“?
Vielleicht können wir das in einigen Details (noch) nicht beantworten, ist auch eine der Aussagen des Projektbericht eines Wissenschaftlerteams von Prognos „Kosten durch Klimawandelfolgen: Übersicht vergangener Extremwetterschäden in Deutschland“. Doch dass die Zahl der Ereignisse und damit verbundenen Schäden stark angestiegen sind, verdeutlichen die berechneten Zahlen.

Und doch will kaum jemand Verantwortung übernehmen. Mit der Konsequenz, dass eben kaum jemand bereit ist, sich und seinen Lebensstil tatsächlich kritisch auf Umweltsünden zu hinterfragen.
Dabei wird übersehen, dass Verantwortung übernehmen nicht gleich zu setzen ist mit verantwortlich sein, und noch weniger mit schuld sein. Natürlich bin nicht ich schuld daran, dass bei meinen Nachbarn im gestrigen Orkan der Baum entwurzelt und auf den Balkon gefallen bin. (Glücklicherweise ist außer Sachschaden kein noch schlimmeres Übel entstanden!). Und doch darf ich mich hinter diesem Gedanken „An Klimaveränderungen ist die Großindustrie schuld!“ oder auch „Sollen doch mal die Autofahrer auf E umsteigen und die Fleischesser Vegetarier werden!“ verstecken. Nicht nur, weil ich dann Gefahr laufe, mir selbst mehr Umweltschweinereien durchgehen zu lassen – sondern auch, weil ich mich damit in einen Zustand der selbst induzierten Hilflosigkeit begebe. Ich deklariere mich selbst als handlungsunwirksam, entwerte damit meine Selbsteffizienz.
Doch wir Menschen benötigen erlebte Selbstwirksamkeit, um unser Leben, unser Sein als sinnhaft bewerten zu können: Es muss uns eine zugängliche Erfahrung sein,d dass unser Handeln (oder deren Unterlassungen) einen Unterschied macht. Wollen wir nicht alle die Welt ein wenig zum Besseren verändern?
Erlebte, bewusste Handlungswirksamkeit schützt vor Depressionen, gibt Selbstbewusstsein zurück, koppelt in vielen Bereichen auf das psychische und emotionale Gleichgewicht zurück. Und immer, wenn wir sagen „Daran bin ich nicht schuld!“ gebe ich damit indirekt ein Stückchen meiner erlebten Selbsteffizienz auf, erkläre mich höheren Mächten ausgeliefert: dem Schicksal, der Großindustrie, den anderen Menschen...
Kann es gelingen, auch, wenn keiner von uns schuld ist an den verheerenden Folgen des Klimawandels nichtsdestotrotz Verantwortung dafür zu übernehmen? Und nach Stellschrauben zu suchen, die wir in unserem eigenen Leben noch drehen können, um unseren ökologischen Fußabdruck noch weiter zu minimieren?


MF

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