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19 Jul
19Jul

Das vom Teilchenphysiker Brian Cox, einem meiner Lieblings-Dystopisten, entworfene Weltuntergangsszenario des „Big Freeze“, eines Zustands der absoluten Dunkelheit nach erfolgtem „Heat Death“, ist nur einer unter zahlreichen „end of the world“-Entwürfen. In einem stimmen die Szenarien überein: Die nächste Apokalypse wird die letzte sein. 

Dem gegenüber stehen fast fanatisch wirkende Fiktionalisten wie Ray Kurzweil, der angeblich hunderte von Pillen / Nahrungsergänzungsmitteln am Tag schluckt: Er will so lange zu überleben, bis die medizinische Forschung den Trick fürs ewige Leben gefunden hat. 

2040 seiewige Jugend bereits erreichbar. „Twenty years from now, we will be adding more time than is going by to your remaining life expectancy. We’ve quadrupled life expectancy in the past 1,000 years and doubled it in the past 200 years. We’re now able to reprogram health and medicine as software, and so that pace is only going to continue to accelerate. There are three bridges to life extension. Bridge 1 is taking aggressive steps to stay healthy today, with today’s knowledge. The goal is to get to bridge 2: the biotechnology revolution, where we can reprogram biology away from disease. Bridge 3 is the nanotechnology revolution. The quintessential application of that is nanobots — little robots in the bloodstream that augment your immune system. We can create an immune system that recognises all disease, and could be reprogrammed to deal with new pathogens.” 


Wollen wir das? 

Willst du ewig leben? Ewig jung sein? Keine Entwicklung in dir, in deinem Körper, in deinen Affekten und Gefühlen, spüren? Was geschieht mit der Wahrnehmung des Lebens, wenn es nicht von seinem augenscheinlichen Gegenspieler, dem Tod, kontrastiert wird?


Auf meiner Suche nach den ältesten lebenden Systemen der bekannten Welt stoße ich auf Bäume: In den kalifornischen White Mountains (USA) steht die mit über 5000 Jahren als ältester Baum geschätzte Kiefer. Im Fulufjället Nationalpark (Schweden) wächst Old Tjikko, eine Fichte: Hier ist nicht der Stamm oder der überirdische Teil besonders alt (der Stamm zählt „nur“ einige hundert Jahre), aber das Wurzelsystem: Dieses wird auf 9550 Jahre datiert. Für einen Moment überlasse ich mich psychodynamischen Spekulationen: Ist der Mensch der Natur neidig, dass sie weit länger als er selbst existiert? Ist hier das kindliche „wenn ich es nicht haben kann, darf es auch nichts / niemand anderes haben!“ aktiv, wenn mensch halb-bewusst seinen Planeten umbringt?


Was ist es denn, was uns zu derart egozentrischen, um nicht das Trendwort: narzisstischen Verhalten veranlasst? Ist es tatsächlich allein Hedonismus? Der „nach mir die Sintflut“-Gedanke?

 Ich tue mich schwer, das zu glauben.  Was ist, wenn wir innehalten und uns fragen, was wir denn glauben, bislang nicht erlebt zu haben... In welchen Aspekten haben wir noch nicht genug gelebt? Welche Gefühle (und schlussendlich tun wir alles, was wir tun, deswegen, weil wir uns ein bestimmtes emotionales Erleben davon versprechen...) glauben wir bislang verpasst zu haben? Mit welchem (menschenwürdigen) Verhalten können wir diese Gefühle fühlen? 


MF

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