Die Green Economy war 2012 ein Leitthema auf der UN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung in Rio de Janeiro. Darunter wird eine marktbasierte Wirtschaftsform verstanden, die sich an ökologischer Nachhaltigkeit und sozialer Gleichheit orientiert: E-Mobilität, Biosprit, Gebäudedämmung, Aquakulturen statt Überfischung der Meere, tierische Ersatzprodukte, Materialeffizienz, Abfallmanagement und Recycling. usw.…
All das sind Zukunftsmärkte einer ambitionierten Umweltpolitik, auf denen führende Vertreter aus Deutschland gutes Geld verdienen. Der Ressourcenverbrauch könnte damit verringert und eine Umweltentlastung eingeleitet werden. Denn die Green Economy stellt in Aussicht, dass wir effizienter, mit geringerem Ressourceneinsatz und daher nachhaltiger weiter in einem marktbasierten Wirtschaftssystem leben können. Ansteigender Konsum und Wirtschaftswachstum bleiben damit weiterhin möglich solange immer neue (vermeintlich) intelligente technische Lösungen gefunden werden. Die Green Economy, so das Versprechen, bewegt sich dabei innerhalb ökologischer Leitplanken, die das Naturkapital erhalten. Also, ein notwendiger Schritt!
Doch kann dies dauerhaft gelingen? Es gibt berechtigte Zweifel. Auch eine effizientere Ressourcennutzung ist auf Ressourcen angewiesen, die nicht alle erneuerbar sind und auch erneuerbare haben oft negative Auswirkungen auf unsere Mitwelt.
https://www.blognatur.com/majos-blog/klimagipfel-der-traum-der-erneuerbaren-energien
Umwelteffizienz kann theoretisch zu einer Abkopplung von wirtschaftlichem Wachstum und Ressourcenverbrauch beitragen. In vielen Bereichen (beispielsweise die Luft- und Gewässerverschmutzung in Deutschland) ist dadurch auch die Umweltbelastung zurückgegangen. Doch zeigen viele Beispiel, wie eine stärkere Effizienz zu einem erhöhten Ressourcenverbrauch führt (rebound Effekte):
Sinken die Kosten für den Verbraucher infolge technologischer Verbesserungen, so steigt der Verbrauch oft an und kann die ursprüngliche Einsparung sogar übersteigen. Verbrauchsärmere Autos lassen die Benzinkosten sinken, doch was geschieht mit dem gesparten Geld? Es wird mehr gefahren oder es werden zusätzliche Produkte mit einem entsprechenden Ressourcenverbrauch gekauft.
Wie sieht es nun aus mit einem ökologisch gut gemeinten und ebenso gut gefüllten Einkaufswagen? Eine schöne Sache, sicherlich, doch auch der Mehrwegbecher muss produziert werden, auch die Biobaumwolle verbraucht sehr viel Wasser und hat lange Transportwege hinter sich, die Batterie der E-Autos muss auch hergestellt werden und später ggf. aufwändig recycelt. Die Wärmedämmung von Gebäuden spart Heizenergie (schont folglich die Umwelt und auch nach ein paar Jahren den Geldbeutel). Doch schwierig in der ökologischen Gesamtbilanz ist das (sortenreine) Recycling der Dämmmaterialien (die oft unterschiedliche Schadstoffe enthalten). Gewichtiger ist jedoch eine grundsätzlichere Herausforderung: seit Jahren steigt die Wohnfläche pro Person und damit auch der zu beheizende Raum, damit wird die eingesparte Energie überkompensiert und der Gesamtverbrauch steigt weiter an. Hier sind es wieder gesellschaftliche Phänomene, die den Ressourcenverbrauch ansteigen lassen:
https://www.blognatur.com/majos-blog/happy-singles-day-zwischen-beziehungsangst-und-verlust
Doch ein weiterer Faktor schwächt das nur Gute am grünen Konsum: Menschen fühlen sich dadurch bestätigt, auf der Seite der Guten zu stehen, sie fühlen sich umweltbewusst und damit berechtigt sich Kraft einer moralischen Lizenz (moral licensing) sich in anderen Lebensbereichen (umweltschädlich) zu verwöhnen (z.B. durch eine Fernreise). Das kann dann zu mentalen rebound-Effekten führen. Die Haltung, gleichsam für eine gute Sache einzustehen, ersetzt dann – zumindest in der ökologischen Bilanz – das insgesamt nachhaltige Handeln. Haltung ist jedoch kein Substitut für Handlung.
Warum haben wir nicht die Kraft auch mit weniger Konsum(gütern) genügend Selbstbewusstsein für ein erfülltes Leben aufzubauen?
Warum sind wir so stark auf Außenwirkung bedacht oder angewiesen?
Weihnachten, das Fest überbordenden Konsums, steht vor der Tür. Was sollen wir schenken? Die Verlegenheitspralinen, das achte Eau de toilette oder das Buch, das nie gelesen wird?
Verschenken wir doch Zeit; gemeinsame Zeit ist kostbar und da Zeit bekanntlich Geld ist, ist Zeit auch in vielerlei Hinsicht wertvoll.
JR