Im Umweltdiskurs vergangener Dekaden stand der Anstieg der Weltbevölkerung, die „Bevölkerungsexplosion“ im Zentrum. Dieser Fokus hat sich inzwischen verändert - CO2 ist zur Maßzahl sämtlicher Debatten geworden - obgleich sich der Anstieg der Weltbevölkerung unvermindert fortsetzt. Insbesondere in Afrika wird sich die heutige Bevölkerungsanzahl von etwa 1,3 Mrd. bis 2050 verdoppeln und bis Ende dieses Jahrhunderts auf 4,5 Mrd. (weltweit 11 Mrd.) weiter erhöhen. Dann könnte mittel-langfristig die wirtschaftliche Entwicklung zu einem gebremsten Bevölkerungsanstieg in Afrika führen. Doch bis dahin wird der Druck auf die jetzt schon stark geschädigten natürlichen Ressourcen weiter zunehmen, hinzu kommt der Einfluss außerafrikanischer Akteure beispielsweise durch land grabbing, der die Nahrungsmittelversorgung des Kontinents weiter verschärft.
In der Diskussion um globale CO2-Emissionen hat die Diskussion um die Anzahl der Menschen auf der Erde eine neue Perspektive erhalten:
Birthstrike, Gebärstreik, die Weigerung Kinder in die Welt zu setzen, auch um CO2- einzusparen.
Kinderkriegen ist in dieser Perspektive der größte Schaden am Klimasystem. 2017 veröffentlichten Wynes und Nicholas eine Studie, in der sie verglichen, welche Maßnahmen besonders effektiv CO2- einsparen können. Der Verzicht auf einen PKW spart 2,4 Tonnen pro Jahr, der auf das Fliegen 1,6 Tonnen im Jahr und das Umstellen auf pflanzenbasierte Ernährung sogar nur 0,8 Tonnen jährlich. Das weitaus größte Einsparpotential liegt im Verzicht auf ein Kind: 58,6 Tonnen CO2-Äquivalente lassen sich dadurch pro Jahr einsparen. Dabei muss man berücksichtigen, dass bei dem CO2-Fußabdruck von Kindern auch der folgenden Generationen bis in das Jahr 2400 einberechnet ist. Der Vergleich mit anderen Einsparmaßnahmen ist insofern schief, da diese auf den Einsparungen eines Jahres basieren. Denn der Durchschnittsamerikaner hat einen CO2-Fußabdruck von 16 Tonnen im Jahr, ein neugeborenes Kind soll dann bei 58,6 Tonnen im Jahr liegen? Das ist so betrachtet weitgehend sinnfrei, jedoch nicht ganz falsch, wenn man die Berechnung über folgende Generationen berücksichtigt. Dies erklärt jedoch den hohen Wert der Emissionen eines Kindes.
Was tun?
Auf Kinder verzichten?
Wenn wir Kinder primär als „klima-schädlich“ quantifizieren klingt diese Vorstellung überzeugend und wer diese Sicht teilt, sollte tatsächlich besser auf Kinder verzichten. Vielleicht aber wollen wir in eine solche Welt einfach auch keine Kinder setzen. Doch ging es je einer Generation so gut, wie unserer? (Was nicht ausschließt, dass sich die ökologische Krise weiter zuspitzt)
Nun, jeder hat ein Recht auf Familie und viele Menschen verzweifeln daran, dass sie keine eigenen Kinder bekommen können. Die Vorstellung, das globale Bevölkerungswachstum gleichsam zu managen ist ethisch fragwürdig und zeigt keine kurzfristigen Effekte.
Es ist auch klar, dass die Frage, wie die Menschen leben, für die Belastung globaler Ökosysteme relevanter ist, als die absolute Anzahl an Menschen.
Jedoch basieren unsere Gesellschaftssysteme auf dem Gedanken des Wachstums. Daher ist auch China längst (aus wirtschaftlichen Gründen) von der Einkindpolitik abgerückt. Denn ein Bevölkerungsrückgang ist mit hohen Kosten (Überalterung, Rentenlücken, Innovationsrückgang,…) verbunden und eine lange stagnierende Bevölkerungszahl, wie in Deutschland, bedeutet eben nicht, dass die Natur direkt davon profitiert, denn auch bei uns steigt der Energieverbrauch, Flächenverbrauch, die Anzahl der PKW, der Paketsendungen, usw… trotzdem weiter an.
Die Lösungsansätze, um ein Bevölkerungswachstum abzubremsen (Bildung, Emazipation der Frau, medizinische Versorgung,,..) sind ja hinlänglich bekannt, wirken aber nur langfristig. Alles, was kurzfristig Wirkung hätte, ist ethisch nicht einmal zu diskutieren.
Gebärsteik für den Klimaschutz; was meint ihr?
JR