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19 Jun
19Jun

Die CO2 Emissionen sind – auch wenn wir einen Durchschnitt von 11 Tonnen/Person/Jahr für Deutschland annehmen, sehr ungleich verteilt. 

Für einkommensschwache Bevölkerungsschichten liegt der Wert bei ca. 3 Tonnen, für das eine Prozent der reichsten Bevölkerungsgruppen bei 105 Tonnen. Nach einer Schätzung der taz (25.3.2023), basierend auf Daten des World Inequality Lab, liegt der Wert für die 800 reichsten Menschen in Deutschland bei 11.700 Tonnen im Jahr.

Die reichsten 10% der Weltbevölkerung sind für über die Hälfte der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. 

Denn wer vermögend ist, kauft (in der Regel) viel; größere Autos, Konsumgüter, Häuser oder Yachten. Er reist auch häufig und investiert in Aktien. Damit investiert er in Unternehmen, die auch für Treibhausgasemissionen verantwortlich sind; als Miteigentümer ist er auch für die Emissionen (teilweise) verantwortlich. 

Nun, wir sind alle „Klimasünder“, aber im Rahmen unserer Möglichkeiten. Denn der „edle Wilde“ ist daher nicht unbedingt ein besserer Mensch, er hat einfach nicht die Möglichkeit, unsere Mitwelt in einem Maße zu schädigen, wie es sehr wohlhabende Menschen können. 

Hinzu kommt: weltweit steigt der Anteil an sehr reichen Menschen an. Damit findet eine immer stärkere Konzentration an Vermögen statt. Flankiert von entsprechenden Umweltbelastungen. 

Doch halt: 

Sagt nicht der effektive Altruismus, je mehr Vermögen, umso stärker kann ein Mensch wohltätig wirken? 

https://www.blognatur.com/majos-blog/effektiver-altruismus-werdet-reich-ganz-ganz-reich 

Wir bräuchten folglich noch mehr, noch reichere Menschen, um die Übel der Welt zu bekämpfen. Und schließlich hat die Corona-Pandemie gezeigt, dass privates Risikokapitel, in einer freien Marktwirtschaft investiert, mitentscheidend für die erfolgreiche Entwicklung eines Impfstoffes war. Auch technische Innovationen, die als Klimaanpassungsmaßnahmen erforderlich sind, benötigen funktionierende Märkte und Risikokapital. 

Reichtum ist also nicht per se schlecht oder anrüchig. 

Doch während wohlhabende Menschen zusehends reicher werden, verschulden sich Staaten weltweit immer stärker; damit fehlen staatliche Mittel für zukunftsweisende Maßnahmen, um die Folgen der ökologischen Krise zu mildern. Ansteigende Staatsschulen und eine schlechter werdende Daseinsvorsorge (Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, Verteidigung, Umweltschutz,..) führen zu einem starken Widerspruch in der Politik: Schulden als weitere Belastung für zukünftige Generationen oder eine Reduktion der Daseinsvorsorge als Belastung der gegenwärtigen Generation. 

Aber Geld ist generell reichlich vorhanden. 

Der Economist (2.5.2023) berichtet von einer Explosion des Vermögensanteils der Milliardäre weltweit. 1998 lag deren Vermögen bei einem Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, bis in das vergangene Jahr ist dieser Anteil auf drei Prozent angestiegen. 

Folgt man den Argumenten des effektiven Altruismus, hätte das Vermögen zum Wohle der Menschheit eingesetzt werden sollen. 

Schaut man jedoch auf die globalen ökologischen und sozialen Daten, ist hier keine positive Korrelation erkennbar. Denn offenkundig ist die Realität eine andere; das Vermögen wird nicht in eine nachhaltige Zukunft oder zur Daseinsvorsorge der heutigen Generation investiert. Es wird konsumiert und weitervererbt. 

Zu einem Großteil jedenfalls. 

Deutschland sticht bei der Vermögensbetrachtung heraus: Auf 13 Prozent des BIP kommt der Anteil der Milliardäre. Zwei Drittel des Vermögens beruht auf Schenkungen und Erbschaften. Und dieser Anteil steigt stetig an. Vermögen wird (zumindest in Deutschland) immer weniger durch eigene Arbeit erworben. Vermögen ist auch vergleichsweise gering besteuert. 

Das Deutsche Institut für Altersvorsorge berichtet, dass im Zeitraum von 2015-2024 3,1 Billionen Euro in Deutschland vererbt werden. Das Gesamtvermögen aller privaten Haushalte liegt bei ca. 11 Billionen Euro – daraus wird die gewaltige Dimension des Erbens ersichtlich. Die zunehmende Vermögensungleichheit insbesondere in Deutschland, muss die Frage aufkommen lassen, wie die finanziellen Belastungen, um die ökologische Krise zu bewältigen, gestemmt werden können. Vermögen (Immobilien, Erbe,..) wird in Deutschland, verglichen mit anderen Ländern, relativ gering besteuert (Arbeit hingegen stark); dafür gibt es hinsichtlich wirtschaftlicher Investitionen auch gute Argumente. 

Aber gerade vererbtes Vermögen, das nicht investiert wird und nur einen ökologisch schädlichen Lebensstil verstetigt, widerspricht im Grunde der Idee des Erbes: den Nachkommen soll etwas Positives hinterlassen werden, also auch eine lebenswerte Welt. Zur Investition in eine nachhaltige Zukunft sollten Teile des Erbes verwendet werden. 

Denn entgegen der Hoffnung des effektiven Altruismus finden sehr reiche Menschen zahlreiche Argumente, ihren Lebensstil zu rechtfertigen, um diesen nicht ändern zu müssen. Cass et al. (2023, Energy Reseach & Social Science) haben die Rechtfertigungsgründe sehr wohlhabender Menschen untersucht und sehen wenig Aussicht darauf, dass diese ihren Lebensstil freiwillig nachhaltiger gestalten: „High-energy consumers may never voluntarily respond to information, ex-hortations, and appeals to self-interest. Instead, stronger state actions including those that impinge on ‘consumer freedoms of choice’ are required. Deliberative policy debates can legitimise this shift.“ 

Insbesondere der Hinweis darauf, dass eine freiwillige Reaktion auf Informationen nicht im ausreichenden Maß erfolgt

 https://www.blognatur.com/majos-blog/das-mahnen-der-wissenschaft 

zeigt, dass es eine erzieherische Aufgabe ist, dem Menschen auch ein maßvolles Leben als beglückend erfahrbar zu machen 

https://www.blognatur.com/majos-blog/ma%C3%9Fhalten-in-einer-welt-ohne-ma%C3%9F 

und gleichzeitig benötigt es, da dies nicht massenkompatibel ist - Menschen schwach und verführbar sind - staatlicher Lenkungsmaßnahmen. 

JR  

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