Narzissmus bezeichnet ein Persönlichkeitsmerkmal, das eine innere Leere durch permanentes Zufüttern von außen füllen muss. Das narzisstische Paradoxon liegt dann daran, für andere wenig zu empfinden und gleichzeitig elementar auf den Zuspruch anderer angewiesen zu sein. Daran gekoppelt ist eine starke Zentrierung auf das Ich, eine Du-Perspektive dient allenfalls dem eigenen Ich, Empathie ist kaum möglich.
Bezogen auf das Umweltverhalten könnte man in einem kulturpessimistischen Lamento eine immer egoistischere-narzisstischere Gesellschaft beklagen. Doch lässt sich genau diese Persönlichkeitsstruktur für das Umweltverhalten fruchtbar ansprechen. Auch wenn mangelnde Empathie keine wirkliche Sorge um die Um- und Mitwelt aufkommen lässt, kann das tiefe Verlangen nach Anerkennung, Nachhaltigkeit in den Alltag einbringen, wenn Nachhaltigkeit an Prestige und Status geknüpft werden kann. Denn wer auf Außendarstellung angewiesen ist, für den könnte das Elektroauto (selbstverständlich mit Antiatomkraftaufkleber) für den Einkauf im Biosupermarkt zum Prestigeobjekt werden. Der FairTrade Kaffee wird dem Besucher angeboten. An der Wand hängt das Bild des „Patenkindes“ in Schwarzafrika. Grüner Konsum aus unbewusst egoistischen Motiven heraus wirkt dann aber auch nur solange, solange dieses Verhalten für andere sichtbar ist.
JR