Freunde haben mir stolz ihren neuen Christbaum präsentiert: „Sündhaft teuer, aber nachhaltig!“ meinten sie. In einem Kübel stand er vor ihrer Haustür und wartete darauf, herein geholt und geschmückt zu werden. Auf mein Nachfragen hin erklärten sie mir, dass sie seit vergangenem Jahr „Öko-Christbäume“ bezogen. Der Gedanke dahinter erscheint mir löblich, allein die Umsetzung ist noch nicht so gelungen: Statt die Bäume einfach abzuschneiden, bietet der mit Nachhaltigkeit werbende Anbieter Weihnachtsbäume zum Mehrfachgebrauch. d.h.: Er liefert ein Bäumchen gerne auch vor die Haustür, das nicht abgeschnitten ist, sondern eben in einem Topf eingepflanzt ist – und holt es nach den Feiertagen wieder ab. Dann soll das Bäumchen wieder eingepflanzt werden, um dann im nächsten Jahr wieder bei derselben Familie die Festtage zu begleiten.
Leider haben dieses Jahr gut 80 % der Bäume diese wiederholte Auswilderung und erzwungene Wiedereingliederung nicht überlebt.
Woran es genau lag, weiß ich nicht – dass die Bäume wahrscheinlich sehr robust sein müssen, um die starken Temperaturunterschiede zwischen der heimeligen Bescherungsstube und der Winternatur, die meist unzureichende Pflege im Kübel etc. zu verwinden, erscheint mir allerdings eine Herausforderung. Oder liegt es auch an dem ganzen nicht so bekömmlichen Zeugs wie Wunderkerzen, Lametta, Glitterkugeln etc., die direkt am Baum ausdünsten?
Ich habe mir noch kein einziges Mal einen eigenen Baum ins Haus geholt. Ich liebe es, draußen im Wald von achtungsvollen Mitmenschen dekorierte Bäume zu entdecken. Immer wieder sind in freier Wildbahn herausgeputze Nadelbäume, gleich welcher Art, zu bestaunen: Mit Papier- und Strohsternen, manche gar mit bunten Glaskugeln dekoriert, zeugen die Bäume dort, wo sie hingehören, von der festlichen Zeit. Und, ja: Auch sie werden dann wieder „abgeräumt“, also nach den Feiertagen von ihrem Schmuck befreit. Von diesen Bäumen habe ich noch keinen die Weihnachtszeit nicht überstehen sehen.
Wäre das eventuell eine Idee? Statt sich Kunststoffbäume oder geschlachtete Bäume ins Haus zu holen, statt lebende Bäumchen in Kübel zu zwängen? Rausgehen, einen Lieblingsbaum finden, ihn dort, wo er ist, leben lassen und vor Ort mit naturverträglichen Materialien zu „verschönern“? Kinder lieben diese Aktivität sehr und freuen sich riesig, dann „ihren“ Baum auf einem langen Spauiergang im Wald dort wieder besuchen zu dürfen. Oder vielleicht habt ihr eh einen Baum im Garten? Wer sagt denn,d ass es unbedingt ein Nadelbaum sein muss, der behängt werden muss?
MF