Just bin ich online über einen Artikel mit dem Titel „Warum sich unser Gehirn so schwer mit dem Klimaschutz tut“ gestolpert. Natürlich musste ich den Beitrag lesen, fand ich den Titel doch mehr als dämlich: Es ist nie unser Gehirn, dass sich schwer mit Verhaltensweisen tut – es sind doch immer wir gefühls- und motivationsgetriebene Menschen, die sich mit mittel- und langfristigen Zukunftsprognosen und damit Impulskontrolle schwer tun, die damit an lieben Gewohnheiten festhalten und sich mit Veränderungen schwer tun.
Der Artikel analysiert die gegenwärtige Diskrepanz zwischen dem Anstieg von Extremwetterereignissen und dem scheinbaren Rückgang des öffentlichen Interesses am Klimaschutz. Maren Urner, Neurowissenschaftlerin und Autorin des Buches "Radikal emotional - wie Gefühle Politik machen", bietet mehrere Erklärungsansätze für dieses Phänomen.Ein zentraler Aspekt, den Urner hervorhebt, ist die kognitive Limitation des menschlichen Gehirns in Bezug auf langfristiges Denken und Planen. Diese Einschränkung erschwert es Individuen, komplexe, über längere Zeiträume sich entwickelnde Zusammenhänge zu begreifen. Die Auswirkungen des Klimawandels sind häufig indirekt und nicht unmittelbar wahrnehmbar, was dazu führt, dass die Verbindung zwischen individuellem Verhalten und klimatischen Veränderungen schwer zu erkennen ist. Urner führt aus: „Nur weil ich mich jetzt irgendwie hier sehr CO2-intensiv verhalte, ist es nicht so, dass direkt neben mir fünf Bäume umkippen.“ Diese Diskrepanz zwischen individuellem Handeln und den sichtbaren Folgen des Klimawandels trägt zur Schwierigkeit bei, Verhaltensänderungen zu initiieren.Ein weiterer Faktor für das nachlassende Interesse am Klimaschutz ist die gegenwärtige „Akkumulation von Krisen“. Urner verweist auf die Corona-Pandemie, den Krieg in der Ukraine und die anhaltenden Konflikte im Nahen Osten als Ereignisse, die die öffentliche Aufmerksamkeit von der Klimadebatte ablenken. In Krisenzeiten neigen Menschen dazu, sich auf unmittelbare Herausforderungen zu konzentrieren, was zu einer geringeren Priorisierung langfristiger Probleme wie dem Klimawandel führt. Urner erklärt, dass dieser Fokus auf Überlebensnotwendigkeiten aus neurobiologischer Sicht sinnvoll ist.Zusätzlich wird der psychologische Drang nach Sicherheit als entscheidender Faktor identifiziert. In Zeiten multipler Krisen erhöht sich das Gefühl der Unsicherheit, was viele Individuen dazu verleitet, nach einfachen politischen Lösungen zu suchen. Urner beobachtet eine Tendenz, komplexe gesellschaftliche Probleme in simplen Narrativen zu verpacken, was den notwendigen Diskurs über die vielschichtigen Herausforderungen des Klimawandels einschränkt.Urner kritisiert auch die Rolle politischer Strukturen und wirtschaftlicher Interessen, insbesondere die Lobbyarbeit von Unternehmen, die auf fossile Brennstoffe angewiesen sind. Diese Interessen führen dazu, dass falsche Anreize geschaffen werden, die kurzfristiges Denken und Handeln fördern. Oftmals werden politische Erfolge nicht nach ihrem Beitrag zum Gemeinwohl, sondern nach kurzfristigen Ergebnissen bewertet, was die Lebensgrundlagen der Gesellschaft gefährden kann.Trotz der bestehenden Herausforderungen äußert Urner Optimismus hinsichtlich der Möglichkeit, die gegenwärtige „kollektive Selbstzerstörung“ zu überwinden. Sie betont, dass es von Bedeutung ist, aktiv für Veränderungen zu arbeiten, auch wenn die Ergebnisse ungewiss sind. Ihrer Meinung nach ist es wichtig, eine Haltung der aktiven Hoffnung einzunehmen und die Überzeugung zu entwickeln, dass individuelle Handlungen von Bedeutung sind und zur Verbesserung der Situation beitragen können.Urner schlägt vor, dass der erste Schritt zur Verbesserung darin besteht, sich der genannten kognitiven und strukturellen Mechanismen bewusst zu werden. Eine „radikale Ehrlichkeit“ im Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels kann befreiend wirken und den Raum für produktive Diskussionen über Lösungen schaffen.Um im Jargon des Artikels zu bleiben: Wie kann „hirngerecht“ Klimawandel aufgezeigt und klimaachtsames Verhalten gefördert werden?Die Wahrnehmung von Klimawandel und umweltschädlichem Verhalten kann durch verschiedene Ansätze verbessert werden, um die sichtbaren und emotionalen Barrieren zu überwinden, die oft dazu führen, dass diese Themen in den Hintergrund gedrängt werden. Hier sind einige mögliche Lösungen:
Diese Lösungen erfordern ein integriertes Vorgehen, das sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Veränderungen anspricht. Ein bewussterer Umgang mit der Thematik und die Förderung einer Kultur des nachhaltigen Denkens und Handelns können dazu beitragen, die Herausforderungen des Klimawandels wirksam zu bewältigen.
MF