Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Wie der Weltklimarat in einem neuen Bericht feststellt, gibt es beim Klimaschutz eine wachsende Zahl von Fehlanpassungen. Das meint, dass klimapolitische Maßnahmen nicht immer den gewünschten Effekt bringen und manchmal sogar die Lage eher verschlimmbessern.
Der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) ist aktuell im 6. Berichtszyklus, der bis 2022 andauert. Der IPCC wurde 1988 von den Vereinten Nationen und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet und ist gleichzeitig ein zwischenstaatlicher Ausschuss und ein wissenschaftliches Gremium. 195 Staaten sind Mitglied. Der 2014 veröffentlichte Fünfte Sachstandsbericht (AR5) zeigte klar auf:
• Der Einfluss des Menschen auf das Klimasystem ist klar.
• Je mehr wir das Klima stören, desto mehr schwerwiegende, weitverbreitete und irreversible Folgen riskieren wir.
• Wir haben die Mittel, um den Klimawandel zu begrenzen und die Zukunft nachhaltig zu gestalten
Jetzt, kurz vor dem Abschluss des 6. Berichtszyklus, werden Maßnahmen untersucht, die zum Klimaschutz oder als Problemlösung für andere Themen eingeführt wurden, aber eher kontraproduktiv sind. Folgende Beispiele sind zu nennen:
Ufermauern und Deiche
Wohngebiete und Felder sollen vor Überschwemmungen geschützt werden. Doch könnten solche Mauern küstennahe Ökosysteme wie Korallenriffe zerstören. Außerdem könnten sie eine Scheinsicherheit aufbauen und größere Sicherheit suggerieren, wo keine ist. "Mehr Familien ziehen in eine Gegend, die angeblich sicher zum Leben ist", schreibt der Weltklimarat.
Bewässerung
Bewässerung ist eine wichtige Maßnahme, um Boden auch in Trockengebieten bewirtschaftbar zu machen. Allerdings herrscht die Gefahr, dass zu viel Grundwasser und Wasser aus anderen Quellen entnommen werden. Mitautorin des Berichts Tabea Lissner sagt gegenüber der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Bewässerung kann regional bis lokal Einfluss auf Temperatur und Niederschlag haben." Auch das könne nach Studien Temperaturextreme abmildern - oder eben auchverstärken.
Staudämme
Mit Wasserkraft wird Energie „sauberer“ hergestellt als mit fossilen Brennstoffen. Stauseen sind wichtige Wasserreservoire. Äthiopiens neuer Nil-Staudamm kann den Länder am unteren Lauf des Nils, Ägypten und Sudan, damit Nilwasser abzweigen. Dann können dort Landschaften veröden und damit weniger CO2 binden, und es könnte weniger Nahrung angebaut werden.
Biotreibstoffe
In Indonesien, Südamerika und anderen Regionen sind für den Anbau von Palmöl und Soja riesige Flächen Regenwald gerodet worden, die als Biotreibstoff dienen. Das hat eklatante Auswirkungen auf Fauna und Flora. Der Lebensraum von Tieren und Pflanzen wird verheerend dezimiert. Wälder sind jedoch wichtige CO2-Speicher. Der Anbau von Pflanzen für Biotreibstoff verdrängt auch den Nahrungsmittelanbau: Allein für deutsche Diesel- und Benzinautos werden nach einer Studie der Deutschen Umwelthilfe weltweit auf 1,2 Millionen Hektar wertvoller Agrarfläche für Pflanzen für Biokraftstoff umgemünzt, 500.000 Hektar davon in Deutschland. Natürliche Vegetation würde über 30 Jahre hinweg mehr als doppelt so viel CO2 binden, wie durch den Einsatz von Biotreibstoffen eingespart werden kann.
Intensivere Landwirtschaft
Optimierte Anbaumethoden könnten Anbauflächen sparen: Nach einer Studie der Universität München könnte die Hälfte der Fläche eingespart werden, ohne mehr zu düngen. Wenn der Rest der Flächen anders genutzt werde, könnte das Sechsfache der globalen jährlichen CO2-Emissionen gespeichert werden, so Studienautor Florian Zabel gegenüber der dpa. Der Umstieg auf pflanzliche Produkte Sogar der Vegantrend und der vermehrte Einsatz von pflanzlichen Gewebstoffen kann die Umwelt vermehrt belasten: "Tüten aus Baumwolle oder Kartoffelstärke statt aus Plastik - das klingt plausibel, aber die Pflanzen müssen ja auch irgendwo wachsen", sagt Almut Arneth, eine Klimaforscherin, der dpa. "Der Mensch nutzt schon 70 Prozent der eisfreien Flächen der Welt, allein 50 Prozent für Ackerbau, Forstwirtschaft und Weiden, da gibt es bald nicht mehr viel zu nutzen."
Andere problematische Anpassungsmaßnahmen, die zu Fehlanpassungen werden können, sind das Entsalzen von Meerwasser, die stärkere Verwendung von Klimaanlagen oder die Produktion von künstlichem Schnee.
MF