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13 Jul
13Jul

Um die Klimakrise zu bekämpfen, wollen Forschende Sonnenlicht zurück ins All reflektieren. Dafür sprühen sie Salzpartikel in die Atmosphäre und verändern so Wolken über dem Meer.Im April 2024 wurde erstmals in San Francisco "Marine Cloud Brightening" betrieben, Wolken wurden über der Bay mittels versprühter Salzkristalle aufgehellt. Dieser Eingriff ins Klima soll bewirken, dass mehr Sonnenlicht zurück ins All reflektiert wird, damit dadurch die Meeresoberfläche weniger Licht absorbiert und sich weniger aufheizt. Die helleren Wolken würden dabei wie ein kühlender Sonnenschirm wirken.Um die Wolken aufzuhellen, werden Meersalzpartikel in die Luft geschossen. An diesen Aerosolen kondensiert Wasser, dabei gilt: Je kleiner die Aerosole, desto kleiner die Wassertröpfchen, die sich bilden. Bilden sich mehr kleinere Tröpfchen bei gleicher Wassermenge, ergibtdiess mehr Oberfläche, die Sonnenlicht reflektiert: also hellere Wolken. Das ist das Ziel der Forschenden.Mit dem Versuch an der kalifornischen Küste wurden praktische Fragen geklärt: etwa, wie Salzteilchen in der richtigen Größe versprüht werden können. Doch schon nach kurzer Zeit wurde das Experiment gestoppt, und der Stadtrat von Alameda, der zuständigen Gemeinde, entschied sich Anfang Juni einstimmig gegen eine Fortsetzung: Die möglichen Umweltauswirkungen und Gesundheitsrisiken des Experiments seien nicht ausreichend untersucht.

 Eine der dringendsten technikphilosophischen Fragen ist wohl: Ist Geoengineering Klima-Nothilfe? Oder eine Blockade für echten Klimaschutz?

Für Befürworter des Projekts verspricht die Aufhellung von Meereswolken eine vorübergehende Klima-Nothilfe, die Vorteile hätte gegenüber anderen Geoengineering-Methoden. Sie könnte regional und zeitlich beschränkt angewendet werden, wäre technisch unkompliziert und eher günstig. Die Gegner von Geoengineering hingegen wollen oft schon die Erforschung der Methoden stoppen. Denn, so das Argument, sie lenkten nur von echtem Klimaschutz ab und verhinderten die Einsparung von Treibhausgasen.

Was geklärt zu sein scheint, ist, dass die Wolkenaufhellung einen kühlenden Effekt hat – in welchem Ausmaß allerdings ist noch nicht bekannt. Auch, ob und welche unbeabsichtigten Folgen es gäbe, ist noch ungeklärt.

Erkenntnisse ergaben sich bislang vor allem aus Klimasimulationen und durch "versehentliches Geoengineering", wie es ein Wissenschaftler-Team um Robert Wood bezeichnet: Paradoxerweise schwächten menschenverursachte Aerosole den Temperaturanstieg in unserer Atmosphäre ab, indem sie Sonnenlicht reflektierten und Wolken veränderten. So lassen sich etwa auf Satellitenbildern helle Kondensstreifen entlang Schiffsrouten im nordöstlichen Pazifik erkennen. Allerdings verändert sich auch dies, denn eine internationale Verordnung von 2020 reduzierte deutlich das erlaubte Maximum an von Schiffsmotoren ausgestoßenen Schwefeloxid.

In Regionen wie um San Francisco mit besonders empfänglicher Wolkendichte erreichen derartige Projekte pro Gramm versprühtes Salz und pro Dollar Energiekosten die größte Kühlung. Klimasimulationen sollen die unbeabsichtigten Folgen von Geoengineering antizipieren: Die Eingriffe durch Wolkenaufhellung könnten beispielsweise mancherorts zu Dürren führen, andernorts zu mehr Regen.Zwar könnte im globalen Mittel die Temperaturerhöhung durch den menschengemachten Klimawandel ausglichen werden, allerdings verteilt sich der Erwärmungseffekt der Treibhausgase anders als der Kühleffekt durch Wolkenaufhellung. Durch die Kühlung an einem Ort verändert sich die globale Luft- und Ozeanzirkulation, in manchen Regionen wird es deutlich kühler, in anderen sogar wärmer als ohne den Eingriff. Auch wäre der Kühleffekt nahe den Polen besonders schwach und damit als Maßnahme gegen den Klimawandel nicht besonders gut geeignet: Besonders in der Arktis führt dieser zu einem besonders starken Temperaturanstieg, zur Eisschmelze und damit zum Anstieg des Meeresspiegels.

Doch auch ein grundlegender Einwand muss diskutiert werden: Eine Technologie wie Meereswolkenaufhellung weiter zu erforschen und intensivieren, könnte die Politik dazu verleiten, die Klimaziele abzuschwächen und es mit dem CO2-Einsparen nicht mehr so ernst zu nehmen. Die Ursache des Klimawandels wäre dadurch nicht behoben, lediglich die Konsequenzen wären vorübergehend abgeschwächt.

In Australien wird seit 2020 Meereswolkenaufhellung für die Rettung des Great Barrier Reef getestet. In einigen Ländern, etwa in den USA, gibt es nationale Forschungsprogramme zu Geoengineering. Eine "Nature"-Studie aus diesem Jahr kommt zu dem Ergebnis: Gerade Menschen aus dem globalen Süden, also aus Regionen mit tendenziell drastischeren Klimawandelfolgen, sind gegenüber Geoengineering aufgeschlossener – auch wenn sie gleichzeitig eher Bedenken äußern, dass dadurch die Motivation sinken könnte, CO2 einzusparen.

MF

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