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19 Dec
19Dec

Wahrscheinlich kennen einige von uns die unmögliche Aufforderung aus unserer Kindheit, wenn wir gezwungen wurden, etwas zu tun, was wir nicht wollten: „Du musst es aber gerne tun!“ Egal, um was es sich handelte, eventuell vor der ungeliebten Verwandtschaft ein Lied präsentieren, mit dem kleinen Geschwister spielen etc. - schon damals, ohne es logisch fassen zu könne, spürten wir vage, dass etwas daran nicht stimmt. Denn, selbst wenn wir es taten, reichte das eben nicht aus – weil uns die Freiwilligkeit, die Freude, die spontane Bereitwilligkeit fehlte.

Heute wissen wir, dass bei solchen paradoxen Botschaften, die oft mit einem so genannten double bind Erziehungsstil einhergeht, häufig ein profundes Misstrauen in sich, die eigene Wahrnehmung und die Mitmenschen gesät wird. Wir können schlecht jemanden dazu auffordern oder darum bitten, sich auf eine bestimmte Weise zu fühlen oder etwas aus einer bestimmten Motivation heraus zu tun oder zu unterlassen. Wir können ihn darum bitten, es unabhängig, oder in vielen Fällen: TROTZ seiner eigenen Willensausrichtung, zu tun... Das ist keine neue Erkenntnis. Ein von mir besonders bewunderter Denker unter meinen Lieblingsphilosoph, Arthur Schopenhauer, schrieb schon in seiner im Januar 1839 von der Königlich Norwegischen Societät der Wissenschaften preisgekrönten „Preisschrift über die Freiheit des Willens“: Ich kann thun, was ich will: Ich kann, wenn ich will, Alles, was ich habe, den Armen geben und dadurch selbst einer werden, - wenn ich will! - Aber ich vermag nicht, es zu wollen,; weil die entgegenstehenden Motive viel zu viel Gewalt über mich haben, als daß ich es könnte. Hingegen wenn ich einen anderen Charakter hätte, und zwar in dem Maße, daß ich ein Heiliger wäre, dann würde ich es wollen können, dann aber würde ich auch nicht umhin können, es zu wollen, würde es also thun müssen." (vgl.: Schopenhauer in zehn Bänden, Zürich 1977, Bd. VI, S. 82)
Dieses Zitat ist vielfach verkürzt und paraphrasiert wiedergegeben: „Du kannst tun, was du willst, aber nicht wolle, was du willst.“ ist relativ bekannt. Ähnliches geschah mit Kants Kategorischem Imperativ (zu finden in Immanuel Kant, Gesammelte Schriften. Hrsg.: Bd. 1–22 Preussische Akademie der Wissenschaften, Bd. 23 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, ab Bd. 24 Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Berlin 1900ff).  Ausformuliert heißt er: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.“ „Handle nach einer Maxime, welche zugleich als ein allgemeines Gesetz gelten kann!“  oder „Was du nicht willst, das man dir tu, füge keinem anderen zu!“ lernen schon die Kindergartenkinder.
Wenn wir Kant und Schopenhauer nun zusammenführen und dies auf unser Anliegen, den Umgang mit unserer Mitwelt, übertragen, ist daraus auch abzuleiten: Warte nicht darauf, dass du wirklich Verzicht üben WILLST dass es dir Spaß macht, deine eigenen Behälter zum Unverpackt-Lade zu schleppen, statt Plastik Glas zu kaufen, statt auf die Malediven in den Schwarzwald mit der Bahn zu fahren... Richte deinen Willen an anderen Kriterien als einer bloßen freudigen Erregung in der Antizipation seiner Erfüllung aus... Verhalte dich so, wie es dir deine moralische Ausrichtung vorgibt, richte dich nach deinem Wertekompass aus! Tu etwas, weil es dir gut, sinnvoll erscheint – aus einer dir übergeordneten Perspektive heraus. Beziehe Stellung in dieser deiner Welt: Tu das, was du vielleicht nicht willst, weil du Gutes tun willst.


MF

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