Die Gaia-Theorie richtet sich in ihrem ganzheitlichen Verständnis gegen atomistische Theorien: Nicht mehr die Suche nach dem uns Trennenden, dem Menschen auf der einen Seite, der Umwelt auf der anderen Seite, steht im Vordergrund – es geht um das Finden des uns Verbindenden. Der Wissenschaftler James Lovelock und die Biologin Lynn Margulis entwickelten in den 1970er-Jahren die Biosphären- und Gaia-Theorie. Sie geht von einer einfachen Beobachtung aus: „Wir leben in einer Welt, die unsere frühen und neueren Vorfahren aufgebaut haben und die von den heutigen Lebewesen fortwährend erhalten wird.“, schreibt James Lovelock 1979 in seinem Buch „Das Gaia-Prinzip“.
Leben und Materie sind nicht trennscharf voneinander gelöst. „Es besteht nur eine Abstufung in der Intensität, die von der ‚materiellen‘ Umgebung der Steine und der Atmosphäre bis zu den lebenden Zellen reicht.“, meint Lovelock. Umwelt wird Leben wird Umwelt, alles verschmilzt im Laufe der Zeit. Wenn wir alles, uns inklusive, als einen gigantischen lebenden Organismus betrachten, be dem die einzelnen Bestandteile voneinander abhängen und in Bezug stehen, platzt jede menschliche Hybris wie eine Seifenblase. Wir sind nicht anders, wir sind nicht mehr als unsere Mitwelt – wir entsprechen ihr.
Am gestrigen Mittwoch, 27.07.2022, ist der Biophysiker James Lovelock gestorben. Er wurde 103 Jahre alt. Sein Erbe, die Gaia-Schöpfung, ist es wert, als unsterblich geachtet zu werden.
MF