1 Minuten Lesezeit
24 Jul
24Jul

Das bisherige Luftreinhalteprogramm der Bundesregierung basiert teilweise auf veralteten Annahmen und muss überarbeitet werden. Die Deutsche Umwelthilfe sieht das Gerichtsurteil als Erfolg und plant weitere Schritte.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschied am 23.07.2024, dass die Bundesregierung mehr für saubere Luft tun muss. Das aktuelle Luftreinhalteprogramm der Bundesregierung wurde von den Richterinnen als unzureichend eingestuft. Nun muss das Kabinett eine Strategie vorlegen, um gesundheitsschädliche Luftschadstoffe wirksam und sicher zu reduzieren. 2019 verabschiedete die Bundesregierung das nationale Luftreinhalteprogramm (NLRP) und aktualisierte es am 15. Mai 2024. Die Deutsche Umwelthilfe hatte bereits im Jahr 2020 dagegen geklagt.

Unzureichende Maßnahmen als Grundlage

Das Konzept basiert auf einer Richtlinie der Europäischen Union, die die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Luftschadstoffe zu verringern. Die Staaten müssen nationale Programme erstellen, um die in der Richtlinie festgelegten Grenzwerte für bestimmte Luftschadstoffe wie Ammoniak, Stickoxide und Feinstaub einzuhalten. Die Bundesregierung geht in ihrem nationalen Luftreinhalteprogramm davon aus, dass Maßnahmen wie der Kohleausstieg 2030, das Gebäudeenergiegesetz oder die Euro-7-Norm ausreichen, um die europarechtlichen Vorgaben in der Zukunft zu erreichen. "Das ist unrealistisch, weil viele Maßnahmen, deren Erfolg die Bundesregierung bereits einkalkuliert hat, nicht mehr in der geplanten Form durchgeführt werden", sagt der Rechtsanwalt Remo Klinger, der die Deutsche Umwelthilfe in dem Verfahren vertrat. Daher zog der Verband gegen den Plan vor Gericht – und bekam mit dem heutigen Urteil zu einem großen Teil Recht.

Gericht bemängelt veraltete Datenlage

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg kritisiert, dass die Annahmen, auf denen das Programm beruht, teilweise veraltet sind. Der Senat bemängelt insbesondere, dass die Prognosen im Programm noch davon ausgehen, dass der Einbau von Pelletheizungen laut Gebäudeenergiegesetz aufgrund ihres Feinstaubausstoßes an zusätzliche Anforderungen geknüpft würde. Diese wurden jedoch nicht in das Gesetz aufgenommen.Es wird auch noch davon ausgegangen, dass in Deutschland bis Ende 2029 das letzte Kohlekraftwerk vom Netz geht. Mittlerweile ist jedoch ein vollständiger Ausstieg aus der Kohleverstromung erst für 2038 vorgesehen. Auch die Euro-7-Abgasnorm lässt höhere Grenzwerte beim Schadstoffausstoß durch PKW zu als von der Bundesregierung vorgesehen. Sie ging zudem noch von einer staatlichen Prämie für den Kauf von Elektroautos aus, die Ende 2023 jedoch nicht verlängert wurde.Die Richterinnen beanstanden auch, dass die Bundesregierung im Mai dieses Jahres, als sie das Luftreinhalteprogramm aktualisierte, auf Emissionsdaten aus dem Klimaschutz-Projektionsbericht des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2021 zurückgriff. Diese Berichte schätzen ein, wie sich die aktuelle Klimaschutzpolitik auf die Treibhausgasemissionen Deutschlands bis zum Jahr 2050 auswirkt. Als die Bundesregierung das Luftreinhalteprogramm aktualisierte, lag jedoch bereits der aktuellere Bericht aus dem August 2023 vor. Diesen hätte die Bundesregierung berücksichtigen müssen, so das Gericht.


MF

Kommentare
* Die E-Mail-Adresse wird nicht auf der Website veröffentlicht.